Dani Weder: "Flugsicherung an Schweizer Regionalflughäfen ist zu teuer"

Als ehemaliger CEO von Skyguide ist Dani Weder heute auf europäischer Ebene in der Flugsicherungsindustrie tätig und Verwaltungsratspräsident von ACR Schweiz, einem Mitglied des schwedischen Flugsicherungsanbieters ACR-Group.

Sie haben sich verschiedentlich kritisch geäussert zu den Kosten der Flugsicherung auf den Regionalflughäfen. Als ehemaliger Skyguide-Chef kritisieren Sie damit Ihre ehemalige Arbeitgeberin. Wie kommt das?

Schon zu meiner Zeit als CEO der Skyguide war ich der Ansicht, dass unsere Leistungen auf den Regionalflughäfen überteuert sind, wobei die Kosten, seit meinem Rücktritt 2017, nochmals stark angestiegen sind. Im europäischen Vergleich sind diese – vorsichtig geschätzt – 30 bis 40 Prozent zu hoch. Wir haben daher bereits zu meiner Zeit bei Skyguide verschiedene Lösungen gesucht und eingeleitet. Unsere erste Lösung war die regionalen Leistungen an eine interne Tochtergesellschaft zu übergeben. Dies wurde vom Bund gestoppt. Danach suchten wir die Zusammenarbeit mit einer auf Regionalflughäfen spezialisierten, kosteneffizienteren Firma. Diese wurde nach meiner Zeit vom Verwaltungsrat der Skyguide gestoppt – ohne jedoch alternative Lösungen zu präsentieren.

Im Gespräch war ACR, die Firma, bei welcher Sie heute im Verwaltungsrat sitzen?

Ja, ich bin seit vier Jahren dabei. Ich glaube an eine sichere, massgeschneiderte Flugsicherung für Regionalflughäfen. Im Verwaltungsrat sitzen neben den Eigner Vertretern auch meine Kollegen Marek Bekier und Urs Ryf aus dem ehemaligen Top-Management der Skyguide. Das ist ein starkes Team mit geballter Kompetenz. Marek war Chef der Flugsicherung in Zürich und Urs war der Chief Operation Officer. Zu erwähnen bleibt, dass Urs Ryf als CEO der Flughafen Bern AG bei unserer Stellungnahme zum «Entlastungspaket 27» naturgemäss im Ausstand ist.

Wo steht denn ACR Schweiz heute?

ACR Schweiz begleitet die Expansionsphase der ACR Gruppe in Europa. ACR betreibt heute Flugsicherung auf 18 Regionalflughäfen in Schweden – sehr sicher und sehr effizient. Im Zentrum unseres Geschäftsmodells sind die Operatoren – und somit die Lotsinnen und Lotsen – unterstützt durch eine schlanke und effiziente Supportorganisation. Prozesse und Flugsicherungstechnik werden den regionalen Bedürfnissen angepasst. Die Sicherheit ist dabei immer oberstes Gebot. Bei unseren Kunden in Schweden konnten so die Kosten um 30 bis 40 Prozent gesenkt werden. Ähnliches Potenzial gibt es in der Schweiz. Es geht um etwa zehn Millionen Franken Einsparungen, aber das scheint Wenige zu interessieren und es werden fleissig «Entry Barriers» gemauert. Daher unser Appel an die Politik und den Bundesrat: Helft die Flugsicherungskosten auf den regionalen Flughäfen zu reduzieren und nicht die Service- und damit die Safety-Levels!

Damit sind wir beim Entlastungspaket 27, dem «Bericht Gaillard», welcher ein Sparpotenzial von 25 Millionen Franken bei den Regionalflughäfen pro Jahr sieht.

Ja, aber das Entlastungspaket fordert andere Zuständigkeiten. Dort sollen die Mittel nur noch für zwei Flughäfen im Rahmen von fünf Millionen zur Verfügung stehen. Das ist verwirflich, denn 2021 haben beide Räte die «Motion Würth» angenommen. Diese verlangt so ziemlich exakt das Gegenteil, nämlich die dauerhafte Sicherung der finanziellen Stützung der Regionalflughäfen durch den Bund mit Mitteln aus der Verbrauchssteuer auf Flugtreibstoffen. Das vorgeschlagene «Sparpaket» verschiebt das Problem einfach vom Bund an die Kantone. Das hat aber mit Sparen nichts zu tun und lenkt vor allem vom eigentlichen Kostenproblem ab. Die Arbeitsgruppe Gaillard hat richtigerweise erkannt, dass bei den Kosten der Flugsicherung auf den Regionalflughäfen etwas nicht stimmt, hat aber aus unserer Sicht den komplett falschen Lösungsansatz gewählt.

Wie sähe denn der richtige Lösungsansatz aus?

Eigentlich ist er ganz einfach, aber wie immer liegt der Teufel im Detail: Aus unserer Sicht muss die Flugsicherung auf Regionalflughäfen zwingend und zeitnah öffentlich ausgeschrieben werden – entweder durch Skyguide oder durch die Regionalflughäfen. Die entsprechenden Vorgaben und Verordnungen können durch das Entlastungspaket 27 eingebracht werden.

Und wo liegt der Detail-Teufel?

Bei einigen Flughäfen muss Skyguide noch ihre Hausaufgaben machen. Ich spreche da von der längst fälligen Entflechtung im unteren Luftraum, von der Abtrennung der «Service Public»-Leistungen aus der Rechnung der Regionalflughäfen und der Entflechtung der Infrastruktur und Systeme. Wir dürfen diese Arbeiten nicht unterschätzen, sie wurden schon mehrmals angedacht und nicht umgesetzt. Es ist also Zeit zum Handeln.

Ich gehe davon aus, dass ACR bei einer Ausschreibung mitbieten wird und welches wäre die Rolle von Skyguide?

Skyguide ist eine hervorragende Flugsicherungsorganisation, aber die Anforderungen auf Regionalflughäfen unterscheiden sich stark vom oberen, hoch komplexen Luftraum und den Landesflughäfen. Dies führt zu überdimensionierten – wir sagen oft «Gold plated»-Lösungen. Das ist auch ein kulturelles Thema und sehr typisch für die grossen, nationalen Flugsicherungsorganisationen in Europa. Eine der führenden Flugsicherungen ist die englische NATS. Sie ist seit Kurzem Teilhaber von ACR UK – und dies im sehr kompetitiven Umfeld in England. Ziel ist es, massgeschneiderte Flugsicherungsleistungen für kleinere und mittlere Regionalflughäfen in Grossbritannien anzubieten. Und damit zurück zur Rolle von Skyguide: Wir könnten uns eine Wiederaufnahme des früheren Gedankens gut vorstellen, also zusammen mit Skyguide – analog zu unserem Modell in England – eine Gesellschaft zu betreiben. Wenn das nicht geht, werden wir uns für die Ausschreibung einsetzen und entsprechend mitbieten. Ich denke, dass für die Zeit einfach noch nicht reif war für solche Themen, aber das scheint sich soeben zu ändern.

Interview von Hansjörg Bürgi
SkyNews.ch April 2025

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